Data Loam
Wir sind in
der Position eine völlig neue Software nutzen zu können, die es uns erlaubt zu verstehen wie Wissen in Welt-Informationssysteme
wie The Library of Congress oder Wikipedia organisiert ist. Wir möchten eine interaktive Schnittstelle zu
der "Topographie des Wissens" entwickeln, die anschaulich macht, wie dominante Systeme Informationen strukturieren und wie
sie durch ihre eigene Kategorisierung und Indexierung Bedeutungszusammenhänge schaffen, die immer auch dem Zeitgeist, dem
gerade vorherrschenden Erkenntnisstand und letztlich auch der gerade opportunen Ideologie geschuldet sind. So sehr sie es
auch behaupten – diese Systeme können per se nicht objektiv sein, da sie den Konflikten und Vorurteilen der Vergangenheit
nur die der Jetztzeit entgegen setzen können.
Die neue Sicht, die wir anbieten wollen ist auf seltsame Weise objektiver
als jede aktuelle Forschung, Interpretation oder Erzählung, die unsere Welt beschreiben will. Denn bei uns sind es die Objekte
selbst – oder besser die Vielzahl der Bedeutungs-Vektoren, die ihnen im Laufe der Zeit zugeschrieben wurden – die ihre spezifische
Position innerhalb einer "Topografie des Wissens" determinieren. Wir sollten die ständig wachsende und amorphe Qualität dieser
Matrix annehmen und akzeptieren, dass es keine endgültige Konfiguration geben wird. Wir müssen beginnen unsere Erwartungen
in Bezug auf Begriffe wie "Wirklichkeit", "Wahrheit" und "Tatsache" zu hinterfragen. In unserem Verständnis ist es die utopische
Qualität von "Big Data" eine echte Demokratie der Objekte schaffen zu können und die menschliche Voreingenommenheit lediglich
als eine historisch bedingte Variable mit ein zu berechnen.
Von diesem Grundgedanken ausgehend wollen wir untersuchen
welche sinnvollen Möglichkeiten der künstlerischen Interaktion es mit großen Datenmengen gibt. Wir schlagen vor, Daten in
eine Art von "Materie" zu transformieren, die man berühren, umstrukturieren und neu organisieren kann.
DATA LOAM
– das neue Material, das wir mit diesem Projekt einführen wollen – ist keine Fantasie. Es basiert auf der Substanz, die von
den Institutionen und der Industrie schon seit längerem verwendet und missbraucht wird. Wir wollen um nichts weniger, als
es jedem einzelnen zu ermöglichen eine wahre/fiktive/absurde Variation der Welt zu schaffen. Eine gottähnliche Position –
ein Labor der möglichen Realitäten – ein leistungsfähiges Werkzeug, das von denen verwendet werden soll, die der Wirklichkeit
sowieso immer mißtraut haben: den Philosophen und Künstlern.
ForscherInnen:
London: Johnny
Golding, Mattia Paganelli (Royal College or Art)
Wien: Virgil Widrich (Projektleiter), Martin Reinhart, Leo Coster,
Matthias Strohmaier, Marc Orou
RIAT Vienna: Matthias Tarasiewicz, Andrew Newman
Projektträger: Institut für Bildende
und Mediale Kunst / Art & Science, Universität für angewandte Kunst Wien