Bestattungsmuseum am Wiener Zentralfriedhof
Nach einer
mehrstufigen Ausschreibung wurde die ARGE checkpointmedia Multimediaproduktionen AG / OMS Objektmanagement Service GmbH im
Juni 2013 als Totalunternehmer mit der Gestaltung, Errichtung und Einrichtung des neuen Museums beauftragt.
Architektur
Architekt Gustav Pichelmann schuf einen Museumszugang über eine seitlich zu der großen Treppenanlage gelegene, zur Bestandsrampe
leicht verdrehte, gegenläufige Rampe und einen Treppenlauf, beide markiert durch hohe, helle Stelen. Beton- und Natursteinblöcke
begrenzen die Rampe und betonen den nahezu 30 Meter langen Weg nach "Unten". Die Konstruktion setzt ein klares Zeichen ohne
jedoch dem historischen Gebäude entgegen zu wirken.
Das Niveau des Museums liegt einen halben Meter über der ursprünglichen
historischen Souterrainfläche. Aus dem Foyer entwickelt sich so im Museumsbereich ein Steg, der die Besucher über dem Bodenniveau
durch die Ausstellung führt, sodass von hier aus Exponate, Vitrinen und Medienstationen betrachtet werden können. Während
der Raum im Dunklen bleibt, sind die Exponate und Vitrinen in weißem Licht gehalten und der Steg in gelbliches warmes Licht
getaucht.
Museumskonzept
Die Besucher folgen hier auf der Erzählebene den Abschnitten eines
Trauerfalls: Gestorben – Betrauert – Geführt – Bestattet – Erinnert.
Im Museum werden über 250 Originalobjekte
sowie Bildmaterial – vielfach zum ersten Mal – aus den Archiven der Bestattung und Friedhöfe Wien ausgestellt. Unter anderem
ist ein originaler Fourgon (Kutsche für Leichentransport) aus der Zeit um die vorige Jahrhundertwende zu sehen. Zahlreiche
Uniformen der üppigen Tracht nach dem Spanischen Hofzeremoniell bis zum schlichten Talar der Gegenwart werden präsentiert.
Ein Herzstichmesser und ein Rettungswecker sind als skurrile Relikte einer Zeit zu sehen, als man fürchtete, lebendig begraben
zu werden. Ein Klappsarg von 1784, aus der Zeit Joseph II, lässt ahnen, wie Mozart bestattet wurde. Als ein Stück Zeitgeschichte
ist eine Rechnungsanweisung des kaiserlichen Hofs ausgestellt für die Überführung und Bestattung von Franz Ferdinand und seiner
Gattin nach dem Attentat von Sarajewo.
Multimedia
Auf dreizehn Monitoren sind Videos zu sehen,
die großteils aus noch nie gezeigtem Material bestehen. Unter anderem sind Filmausschnitte aus dem Österreichischen Filmarchiv
zu sehen – mit neu entdecktem und restauriertem Material von dem Begräbnis Franz Josephs I und dem prächtigen Trauerzug für
Albert Baron Rothschild. Die Videos ergänzen die ausgestellten Objekte und setzten sie in einen Kontext zu jener Zeit, aus
der sie stammen.
Eine Videoinstallation aus medialen Elementen und realen Objekten zeigt Partezettel aus verschiedenen
Jahrhunderten. Von der Hausbesitzersgattin bis zum ehemaligen Burgtheaterdirekter Haeussermann – die Trauer über den Tod eines
Menschen hat sich nicht geändert, der Ausdruck dieser Trauer jedoch schon.
Zwei Guckkästen zeigen im Stil der Zeit
die verschiedenen Begräbnisklassen. Eine perspektivische Darstellung, die aus Kulissenelementen, Lichtstimmungen und 3D-Videoeinblendungen
entsteht, präsentiert die Pracht der Aufbahrungen in der High Society der vorigen Jahrhundertwende – und den Gegensatz zu
den Leichenbegängnissen Normalsterblicher.
Auf einer Audiostation kann das Publikum den zurzeit beliebtesten Liedern
für Bestattungen lauschen.
Bau
Das Museum hat eine Gesamtfläche von etwas mehr als 500m²,
300m² davon werden für die Dauerausstellung genutzt. Es wurden rund 16 Tonnen Gussasphalt ausgebracht, 130m³ Beton verbaut,
15km Kabel verlegt und 3km Lüftungs-, Heizungs-, und Wasserkanäle verbaut. Pro Stunde werden ca. 3600m³ Luft umgewälzt um
ein geeignetes Klima für die teils empfindlichen und historischen Ausstellungsstücke zu gewährleisten. Die Zeitspanne zwischen
den Einreichungen und der Übergabe betrug 395 Tage gesamt und die Baukosten beliefen sich auf rund € 2,5 Millionen.
Eine besondere Herausforderung stellte die Implementierung des hochmodernen Museums in den Keller eines historischen Gebäudes
dar, mit allen Schwierigkeiten von der unsichtbaren Unterbringung einer enormen technischen Ausstattung bis hin zur Sanierung
des Altbestandes.
Das Wiener Bestattungsmuseum am Zentralfriedhof vermittelt mit seinen Originalobjekten und dem
historischen Bildmaterial nicht nur Wissen über die Wiener Bestattungs- und Friedhofskultur. Es präsentiert auch die typisch
wienerische Art, mit dem Tod umzugehen. Seine Lage auf dem zweitgrößten Friedhof Europas, dem Wiener Zentralfriedhof, lädt
zu einem anschließenden Rundgang ein.
Auftraggeber: BFW Gebäudeerrichtungs- und Vermietungs-GmbH
& Co KG
Gesamtleitung: checkpointmedia AG, Virgil Widrich, Stefan Unger, Stefan Reiter
Projektleitung: Catrin
Neumüller
Inhaltliches Konzept: Sigrid Markl
Grafische Gestaltung: Stefan Fahrngruber
Ausstellungsarchitektur:
Atelier PichelmannBaumanagement:
OMS
Objektmanagement Service GmbH